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Praxistest Trioplan 100mm f/2,8 Meyer Optik Görlitz

Erst das richtige Licht, die durchdachte Bildgestaltung, der perfekte Moment und auch neue Sichtweisen führen zu Bildergebnissen, die aus der Masse herausstechen. Der Einsatz diese Spezialobjektivs ist eine weitere Möglichkeit, außergewöhnliche Bildergebnisse zu erzielen. Hier möchte ich Euch die Möglichkeiten und Grenzen dieser Optiken aufzeigen und anhand einiger Bildbeispiele einen Einblick in die Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten geben.

Trioplan-Objektive sind unweigerlich mit ihrem Seifenblasen-Bokeh verbunden. Durch die technisch einfache Bauweise mit nur drei Linsen und einfacher Vergütung der Gläser werden Spitzlichter als kreisrunder Lichtschein abgebildet und sind das Charakteristikum dieser Objektive. Diese „Bubbles“ haben in den letzten Jahren in gewissen Kreisen einen legendären Ruf und fast Kultstatus erreicht.

 

Die Trioplan-Baureihe wurde bis in den 60iger Jahre des letzten Jahrhunderts von Meyer Optik Görlitz gebaut, dann aber eingestellt. Die Altglas-Linsen erzielten auf dem Gebrauchtmarkt in den vergangenen Jahren zum Teil astronomische Preise. Eine Neuproduktion der Trioplan-Objektive über ein Kickstarterprojekt war kurzzeitig auf dem Markt verfügbar, scheiterte letztendlich aber. Inzwischen wurden die Markenrechte erneut aufgekauft, eine Neuproduktion bleibt abzuwarten.

 

Auch wenn diese Objektive nicht die Schärfe und Brillanz moderner Optiken erreichen, macht gerade der malerische und verträumte Look das Besondere dieser Aufnahmen aus. Steht nicht der dokumentarische Anspruch im Vordergrund sondern künstlerische Ambitionen, sind die Trioplan-Linsen ein geeignetes Werkzeug, um Fotos zu kreieren, die sich vom Mainstream abheben und als Eyecatcher fungieren. Das Stilmittel mit den Seifenblasen kann jedoch, wie bei allen Effekten, nicht unbegrenzt verwendet werden und nutzt sich ab, daher sollten Fotos mit diesem speziellen Bokeh sparsam und gezielt eingesetzt werden. In einem Portfolio können sie allerdings eine wertvolle Bereicherung darstellen. Gerade im Bereich der Makrofotografie setze ich die Trioplan-Objektive gerne ein. Blumen, Pilze oder Insekten sind lohnende Motive, die ich immer wieder auch mit Trioplan-Objektiven ablichte, um „andere“ Sichtweisen umzusetzen. Entscheidend für ihren effektvollen Einsatz sind das richtige Licht und der Abstand des Motivs zum Hintergrund. Diese Faktoren müssen unbedingt passend miteinander zusammenspielen, um die typische Trioplan-Bildwirkung zu erzielen. Für die charakteristischen kreisrunden Bubbles sind starke Lichtreflexe nötig wie z.B. Lichtspots, die durch ein Buschwerk fallen oder vom Sonnenlicht beschienene Tautropfen in der morgendlichen Blumenwiese.

Aber auch bei weniger starken Kontrasten eignet sich das sanfte Bokeh mit farblich gefüllten Kreisen hervorragend für eine malerische Bildwirkung. Es gehört jedoch schon einiges an Erfahrung dazu, um aus den Gegebenheiten vor Ort zu erkennen, ob sich der Einsatz des Trioplans lohnt. Die Objektive halte ich für Anfänger eher weniger geeignet, denn einfach ist das Arbeiten mit den Meyer Optiken nicht. Blende und Fokus müssen manuell eingestellt werden, eine digitale Übertragung der Objektivdaten an die Kamera erfolgt nicht. Im Bereich der Blumen- oder Pilzfotografie stört mich persönlich zwar die manuelle Fokus-Einstellung weniger, da es sich eher um statische Motive handelt und in der Regel ausreichend Zeit für die Bildgestaltung vorhanden ist. Auch bei modernen Makroobjektiven fahre ich den Fokus gerne manuell durch, um die Bildwirkung einschätzen zu können und eventuell neue Perspektiven ausfindig zu machen. Bei Insekten, die öfter abrupt ihre Lage verändern, verlangsamt der fehlende Autofokus dagegen den Arbeitsprozess spürbar. Die Schärfe lässt sich bei Offenblende zumeist schwer beurteilen, was zwischenzeitliches Abblenden erforderlich macht und zusätzlich Zeit kostet. Aber gelingen Insektenmakros mit Trioplan-Bokeh heben sie sich von der Vielzahl der gezeigten Aufnahmen ab. Etwas Zeit sollte man schon mitbringen, wenn man alle Einstellungen von Hand vornehmen und das Licht richtig beurteilen muss, Schnellschüsse funktionieren hier in der Regel nicht.

Das bekannteste Trioplan-Objektiv von Meyer Optik Görlitz ist das klassische 100mm Trioplan mit einer Naheinstellgrenze von rund 1 m. Möchte man näher rangehen, ist der Einsatz eines Balgengerätes oder von Zwischenringen möglich. Handarbeit steht bei dieser Linse daher öfter auf dem Programm. Nur wer sich darauf einlässt, wird auch Spaß daran haben.

Der Blendenring lässt sich über einen Drehring stufenlos einstellen von f 2,8 bis 22. Da die Blende manuell eingestellt wird, verdunkelt sich beim Abblenden das Bild im Sucher sichtbar und erschwert das korrekte Fokussieren. Die Schärfeleistung und die Brillanz der Trioplan-Objektive lassen sich mit denen von modernen Makroobjektiven nicht vergleichen und liegen spürbar darunter. Im Zentrum ist die Bildschärfe bei Offenblende akzeptabel, an den Bildrändern nimmt sie ab. Abblenden auf f4 bis 5,6 verbessert die Bildschärfe in der Bildmitte, die Bildecken wirken auch hier noch weicher. Was die einen schlicht als „Linsenfehler“ bezeichnen, setzen die Fans der Trioplan-Objektive als Gestaltungsmittel ein und betonen mit ihren Fotos den märchenhaften Charakter eines Motivs. Etwas Gewöhnung ist tatsächlich notwendig, um diese Objektive richtig einzusetzen. Fällt Gegenlicht direkt auf die Linse, nimmt Brillanz und Kontrast der Fotos drastisch ab. Beim 100mm Trioplan kann eine Gegenlichtblende aus Metall angebracht werden. da die Linse anfällig für Streulicht ist, sollte diese auch unbedingt eingesetzt werden.

Für das Ablichten von Sonnentau sind diese Objektiv geradezu wie geschaffen. Das Trioplan-Bokeh harmoniert perfekt mit dem eigentlichen Motiv und die Bubbles passen vollendet zur Pflanze.

Auch wenn das äußere Erscheinungsbild eher an den Retro-Look erinnert und die Dimensionen der Linsen deutlich geringer sind als bei modernen Objektiven, so ist die mechanische Verarbeitung doch solide. Ein robuster Metalltubus umgibt die Objektive und dichtet gegen Feuchtigkeit erstaunlich gut ab.

An den Kringeln scheiden sich die Geister. Wann des Bokeh die Oberhand gewinnt, zum dominierenden Bildteil wird und vom eigentlichen Motiv ablenkt, muss wohl jeder für sich selbst entscheiden. Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten… Wer absolute Bildschärfe haben möchte und mehr dokumentarisch orientiert ist, wird wohl für diese Linsen weniger übrig haben.

Wer jedoch Lust zum Experimentieren hat, Formen und Farben über Detailtreue dominieren lässt und gefühlsbetonte Fotos erschaffen möchte, hat mit den Trioplan-Objektiven geeignete Möglichkeiten, sich die malerische Makrofotografie zu erschließen und in das Land der Märchen zu entführen. Mit Licht, Farben und Hintergrundstrukturen lassen sich künstlerische Bildideen umsetzen, die ihren eigenen Charakter haben und die Vielfalt der Fotowelt erweitern.

 

FAZIT

Mit ihrem typischen Seifenblasenbokeh spaltet die Trioplan-Optik die Fotowelt: Märchenhafte Fotos und malerisches Bokeh finden auf der einen Seite begeisterte Fans. Verringerten Kontrastumfang und Schwächen bei der Bildschärfe führen ihre Gegner ins Feld. Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen polarisieren die Bilder und verdienen sich so die Aufmerksamkeit der Betrachter.

 

Steckbrief:                                   Trioplan 100 f2.8

Naheinstellgrenze:                      1,0 m

Filterdurchmesser:                      52 mm

Objektivlänge:                              87 mm

Gewicht (incl. Adapter):              ca. 410 g