Begegnung mit den Honigdachsen

Wir sitzen gemütlich am Lagerfeuer unserer Campsite 7 in Halali (Etoscha-NP) und genießen die gegrillten Hähnchenstreifen und die Kartoffeln. Nachdem wir tagsüber lange auf Gamedrive waren, lassen wir den Tag nun in Ruhe ausklingen. Über uns funkelt das Kreuz des Südens und Namibias Sternenhimmel lässt den Blick immer wieder nach oben schweifen. Ich habe eine Dose „Windhoek Lager“ in der Hand, der Abend ist perfekt! Plötzlich sehe ich einen dunklen Schatten in wenigen Metern Entfernung vorbeihuschen und meine Ruhe ist schlagartig vorbei. EIN HONIGDACHS!! In freier Wildbahn haben wir noch nie zuvor einen Honigdachs gesehen, ich bin begeistert! Sofort springe ich auf und hole meine Kamera, natürlich will ich versuchen, ein brauchbares Foto von dieser Rarität zu machen. Das ist allerdings mit ziemlichen Schwierigkeiten behaftet: es ist stockdunkel und Honigdachse sind keinesfalls zu unterschätzen. Aufgrund Ihrer Aggressivität und Wendigkeit werden Honigdachse bei größeren Raubtieren wie Löwe und Leopard als Beutetier eher gemieden… Trotzdem mache ich mich mit meiner Tochter auf den Weg und wir suchen in der Finsternis gemeinsam nach dem quirligen Honigdachs. Schon nach kurzer Zeit haben wir ihn wieder gefunden. Er untersucht alle Mülltonnen nach Fressbarem. Dabei hat er eine ausgeklügelte Technik entwickelt: mit den Vorderpfoten untergräbt er auf einer Seite die Mülltonne und hängt sich dann mit seinem Gewicht an den Rand der Tonne, so dass diese umstürzt. Danach wird der gesamte Inhalt der Mülltonne umgepflügt. Innerhalb kurzer Zeit ist alles weit verstreut und er macht sich auf dem Weg zur nächsten Tonne… Nachdem wir ihn einige Zeit beobachtet haben, glaube ich, mich näher heranwagen zu können. Meine Tochter leuchtet mir mit einer starken Taschenlampe, so dass der Autofokus der Kamera halbwegs eine Chance bekommt, diesem schnellen und rastlosen Tier zu folgen. Absolut faszinierend, wie sich dieser Honigdachs in der Dunkelheit lautlos bewegen kann, nur wenn er die Mülltonnen umwirft und dessen Inhalt untersucht, ist etwas zu hören. Ansonsten läuft er von einer Campsite zur nächsten, immer auf der Suche nach einem Leckerbissen. Viele Leute der einzelnen Campsites bekommen gar nicht mit, was unter (!!!) ihren Campingstühlen durchschleicht, nur wenige Handbreit von ihren Beinen entfernt. Erst als wir „Watch out, a honeybadger!“ rufen und mit der Taschenlampe den Honigdachs anleuchten, bemerken sie den heimlichen Gast. Blitzartig springen die Leute von ihren Stühlen auf, wirklich lustig zum Zuschauen… Aber der Honigdachs ist friedlich und ich kann ein paar schöne Fotos machen. Nach kurzer Zeit kommt ein zweiter Honigdachs dazu, als der erste einen Leckerbissen aus der Mülltonne vertilgt. Die beiden gehen anschließend weiter auf Tour und mit ihnen umrunden wir einen Großteil des Campingplatzes, bis sie im dichten Gebüsch verschwinden…

 

Wir gehen zurück auf unsere Campsite. Ich schaue mir gerade die Fotos durch, die ich eben aufgenommen habe, als die Honigdachse auf unserer Campsite auftauchen! Nun schnappe ich mir die zweite Kamera mit dem großen Blitz. Die Honigdachse werkeln inzwischen am Zelt unseres Nachbarn herum, offenbar duftet innen etwas verlockend, an das sie aber nicht herankommen. Durch das Zerren am Zelt wird auch der Nachbar wieder wach und kommt im Schlafanzug aus dem Zelt um nach dem Rechten zu sehen. Nur kurz verschwinden die Honigdachse, dann geht es weiter. Beide rangeln miteinander und es geht immer heftiger zu. So ganz traue ich dem Frieden nicht mehr, drum nehme ich sicherheitshalber noch einen Bambusstock zum Photographieren mit. Es ist ziemlich unhandlich, gleichzeitig Taschenlampe, Stock und Kamera zu halten, aber dieses Spektakel ist es wirklich wert. Ich bin mir nicht sicher, ob die Honigdachse rollig sind oder einfach nur im jugendlichen Eifer miteinander raufen, aber die Intensität nimmt deutlich zu. Wie eine ineinander verkeilte Kugel treiben sie über die Campsite, verbeissen sich immer stärker ineinander, als schließlich einer der Dachse frontal auf mich zuläuft und angreift. Ich weiche zurück, so schnell es im Dunkeln eben geht, versuche nicht über ein Hindernis hinter mir zu stolpern (wäre wohl nicht der richtige Moment gerade…) und gleichzeitig den Angreifer vor mir nicht in der Dunkelheit aus den Augen zu verlieren. So heftig die Situation gerade ist, aber ich halte die Kamera noch in der Hand und drum mache ich noch aus der Hüfte ein Photo (ja, ich geb´s zu: der Ausschnitt ist nicht ganz optimal geworden, aber für diesen Moment ganz o.k.!…) Mit dem Stock halte ich ihn auf Distanz, aber der Dachs gibt nicht nach und beisst sogar in dessen Ende. Der 1 m lange Stock kommt mir nun doch ziemlich kurz vor…

Ich kann mich glücklicherweise auf den Steintisch unserer Campsite retten (normalerweise springe ich mit Schuhen sonst nicht auf den Tischen herum!). Wer jetzt denkt, das die Honigdachse ruhiger werden, täuscht sich: das Spektakel geht erst richtig los. Unmittelbar auf unserer Campsite genießen wir ein Showcatchen der Extraklasse. Beide Honigdachse kugeln wie die Wilden herum und wir sind begeistert, ihnen dabei zusehen zu können. Vom Tisch aus kann ich in aller Ruhe photographieren ohne ständig auf einen Angriff vorbereitet sein zu müssen. Fast eine halbe Stunde dauert diese wilde Balgerei, dann endet der Spuk wie er angefangen hat: lautlos verschwinden die Honigdachse in der Dunkelheit…

 

Nach zwei Tagen sind wir noch einmal kurz auf die Honigdachse aufmerksam geworden: Wir hören ein schleifendes Geräusch in der Nähe. Als wir Nachschauen entdecken wir einen Honigdachs, wie er gerade eine dicke Isomatte hinter sich herzieht. Vermutlich ist eins der angrenzenden Bodenzelte eines Safari-Unternehmens nicht geschlossen gewesen. Wir überlegen noch, ob wir die Isomatte retten können, aber alles geht viel zu schnell. Unsere Überlegungen sind rasch beendet, als ein zweiter Honigdachs dazukommt und wie selbstverständlich zerren beide im Teamwork die Isomatte ins Gebüsch. Wir hören noch ein kurzes Rascheln, dann deckt die Dunkelheit auch hier alles zu.

Irgendjemand wird heute auf hartem Boden schlafen müssen…

 

…aber die Honigdachse haben´s dafür umso kuschliger!

 

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