Unser bester Gamedrive – Etoscha/Namibia

Die ganze Nacht sorgt Löwengebrüll für Unterhaltung. Wenn sie uns schon dauernd aufwecken, dann wollen wir sie auch sehen! Wir waren gestern abend zwar noch länger als geplant am Wasserloch von Okaukuejo (die Rhinos, Elefanten und Giraffen haben uns nicht losgelassen…) aber trotzdem stehen wir um 5 Uhr 30 auf. Das beste Licht ist nun mal kurz nach Sonnenaufgang bzw. vor Sonnenuntergang, außerdem ist das DIE Zeit, um die Löwen in Aktion zu erleben. In der Mittagshitze liegen sie meist nur faul unter einem Baum im Schatten oder im hohen Gras, wo man sie kaum entdeckt. Und Löwen sind sehr ausdauernd im Nichtstun (=Energiesparen). Bei 35°C kann das Warten auf Aktion dann schon zur Geduldsprobe werden. Außer am Morgen oder Abend „lassen“ wir die Löwen dieses Spiel daher meist gewinnen…

In Rekordzeit von einer halben Stunde haben wir die beiden Dachzelte abgebaut, die Schlafsäcke verstaut und das „Unterwegs-Frühstück“ für den Gamedrive vorbereitet. Nach einem kurzen Stopp am Waschhaus sind wir mit Öffnung des Gates auch schon unterwegs. Wir wollen über die Wasserstelle „Nebrowni“ nach „Gemsbokvlakte“, dort rechnen wir uns für heute die größten Chancen für eine Löwensichtung aus. Bei „Nebrowni“ sehen wir im Vorbeifahren nichts „Raubtierartiges“, also weiter nach „Gemsbokvlakte“. Kurz bevor wir an der Wasserstelle sind, sehen wir ein Löwenmännchen, das von der Wasserstelle gemächlich Richtung Buschwerk trottet. Mist, etwas zu spät!! Wir fahren gar nicht erst zur Wasserstelle, stattdessen nehmen wir die Stichstraße Richtung Buschwerk. Hoffentlich kommt der Löwe aus den Büschen heraus und die quert die Straße, damit wir ihn sehen können. Doch dann die Überraschung: eine Löwenmama und 5 Cubs sitzen in dem lichten Gebüsch. Die Kleinen kommen immer wieder mal heraus und linsen neugierig zu uns herüber. Das hat definitiv Niedlichkeitsfaktor 10! Im schönsten Morgenlicht (so hat´s der Photograph gerne ;-)) tummeln sich die Kleinen direkt vor uns. Sämtliche Mutterinstinkte werden in uns geweckt. Wir sind restlos begeistert von diesem Schauspiel. Wir sitzen auf den besten Logenplätze, die wir je bezogen haben, und können uns kaum satt sehen! Auch das Männchen kommt wieder zum Vorschein, sogar mit Verstärkung: ein zweiter Pascha schreitet mit ihm durch das Gebüsch und kommt direkt auf uns zu. Ich lasse die Kamera heiß laufen und kann unser Glück kaum fassen. Herrliches Morgenlicht, beste Position und Ausrichtung (Gegenlicht kann in so einer Lage den letzten Nerv kosten…) und alles in der richtigen Entfernung, fast zum Anfassen. Das sind die Momente, von denen man noch lange zehrt. Selbst wenn man schon wieder Zuhause im Alltagsleben gefangen ist. Und das sind die Erlebnisse, die einen immer wieder losziehen lassen… Ein Blick auf die Photos, die ich hier gemacht habe, reicht zukünftig sicher aus, um dieses unbeschreiblich gute Gefühl wieder in uns aufleben zu lassen.

 

Inzwischen haben sich ein paar Autos hinter uns versammelt. Langsam ziehen sich die Raubkatzen wieder in den Busch zurück und nach wenigen Minuten ist von dem 8er-Pack Löwen hier nichts mehr zu sehen. Wir beschließen noch zu warten, vielleicht kommen sie ja wieder um doch noch die Straße zu queren. Nachdem einige Minuten vergangen sind, sind alle Autos weg. Wir machen derweil Frühstück, und alle vorbeifahrenden Autos fragen uns, was es zu sehen gibt. Natürlich wollen die meisten auch noch einen Blick erhaschen, aber die Löwen lassen sich nicht mehr blicken. So kann es gehen, wenige Minuten entscheiden über ein Top-sighting oder ein „Das wär´s gewesen“. Glück und Pech liegen bei den Tiersichtungen oft nahe beieinander.

Wir gehören heute wohl zu den Glückspilzen. Als wir uns nach einiger Zeit entschließen weiter zu fahren, sehen wir bald darauf eine kleine Autoansammlung rechts der Piste. Ein gutes Zeichen, offensichtlich gibt es hier was zu sehen. Und tatsächlich: direkt neben der Straße döst ein Leopardenweibchen auf einem Baum, neben ihm die Reste eines gerissenen Zebras. Der Leopard hängt wie ein Waschlappen auf einem dicken Ast und lässt links und rechts seine Tatzen herabbaumeln. Wir können unser Glück kaum fassen. Und wieder haben wir eine gute Position, um den Leoparden zu beobachten und die Sonne ist auch auf der richtigen Seite. Wenig später wendet der Leopard sein Gesicht auf unsere Seite und sieht schon etwas munterer aus. Von unserer Stelle ist alles gut zu sehen, wir sind gerade noch rechtzeitig gekommen. Ein paar Minuten später sind wir zugeparkt, so viele Autos sind inzwischen angekommen. Obwohl schon eine Wagenlänge hinter oder neben uns wohl kaum noch was von ihm zu sehen sein dürfte, da er dann von Blättern und Ästen verdeckt wird, hat sich in kürzester Zeit ein Verkehrschaos gebildet. Die Straße ist dicht, kreuz und quer stehen die Autos. Die Lodgefahrer haben sich untereinander über Funk verständigt und jetzt steppt hier der Bär. (Es ist mir klar, dass alle Bus-/Lodgetouristen, die nicht soviel Zeit wie wir im Park verbringen, auch möglichst viel sehen wollen. Trotzdem empfinde ich diese Funkverständigung als ziemliches Übel, denn dies führt zu solchen Massenaufläufen, die den Tieren sicher die letzte Ruhe nimmt. Außerdem haben wir wiederholt rücksichtsloses Fahren beobachtet, wenn es um das „Einnehmen“ der besten Plätze geht). Der Leopard ist die Sensation, jeder will einen Blick auf ihn erhaschen, kein Wunder so nah neben der Straße und dann noch mit Beute am Baum.

Schließlich parkt unser Vordermann aus und überlässt uns den Logenplatz („Here is the best spot“). Danke!! Vermutlich hat er schon zu lange auf Aktion des Leoparden gewartet und nun aufgegeben, wir freuen uns jedenfalls, denn besser geht es wirklich nicht mehr. Der Leopard liegt vor uns wie auf dem Präsentierteller. Und dann der Hammer: kaum ist unser Vordermann abgefahren und wir haben seine Position übernommen, kommt Leben in die Szenerie. Der Leo fängt an sich zu putzen. Mit richtig wachen Augen blickt er endgültig in die Runde, als die großen Safari-Trucks mit ihrem Dieselgetucker ankommen (warum stellt man den Motor nicht ab, wenn man Leoparden beobachten will??). Wenn 40 aufgeregt durcheinander schreiende Italiener ankommen, können sie einen scheuen Leo schon mal diffus daran erinnern, dass er womöglich doch nicht den besten Platz für ein Verdauungsschläfchen gewählt hat. So steigt seine Hoheit schließlich vom Baum herab und zeigt sich keine 10 m vor uns noch einmal von seiner schönsten Seite. Was für ein edles Tier, die perfekte Vereinigung von Kraft, Eleganz und präziser Tödlichkeit! Wir schweben alle auf Wolke 7 bei diesem einzigartigen Erlebnis. Ganz nah und völlig unverdeckt, nie hätten wir dies in Etoscha zu hoffen gewagt. So sind wir restlos zufrieden als der Leopard sich schließlich völlig souverän in den Busch zurückzieht und den Blicken entschwindet.

Mit einem einzigartigen Glücksgefühl fahren wir weiter nach Halali und keiner von uns bekommt das Grinsen aus dem Gesicht!...

 

Nach der Mittagspause ziehen wir am Nachmittag natürlich wieder los. Wir wollen noch mal den Leopardenplatz besuchen, aber auf dem Weg dorthin werden wir von einem Löwen „aufgehalten“. Er ist zwar noch weit weg, zieht aber in unsere Richtung, außerdem sind hier ein paar Zebras um uns herum. Tatsächlich versucht der Löwe, ein junges Männchen, sich an ein Zebra heranpirschen. Wir sehen seine Körperspannung, wie er die Ohren anlegt, sich ins Gras duckt und langsam, Stück für Stück vorwärts schleicht, den Blick immer auf die Beute fixiert. Aber in dem offenen Gelände hat er keine Chance, das anvisierte Zebra bemerkt ihn lange bevor er zum Sprint ansetzen kann und flüchtet rechtzeitig. Die Situation entspannt sich, der Löwe zieht schließlich in unmittelbarer Nähe von uns über die Straße. Wieder ein Wahnsinns-Erlebnis, so nah dieses Kraftpaket bestaunen zu können.

Am Leopardenbaum ist immer noch ein Massenauflauf, das Zebra hängt noch am Baum und ganz versteckt tief im Busch ist sogar ein kleines Fleckchen Leopardenfell zu sehen. Wir gehen davon aus, dass er bei diesem Radau nicht herauskommen wird und räumen unseren Platz zugunsten anderer, dessen Fahrer uns bei Rietfontein 4 Löwen und ein Rhino verspricht. Tatsächlich liegen am Wasserloch 4 Löwen und halten ein Nickerchen. Das gibt´s doch nicht, heute müssen wir die Löwen nicht suchen, die verfolgen uns ja regelrecht…

 

Diese 4 Löwen machen uns nicht den Eindruck, dass sie sich in nächster Zeit erheben wollten, also fahren wir zurück zum Leo. Leider zeigt sich dieser nicht mehr, so dass wir uns auf dem Heimweg machen um rechtzeitig zu Gateschluss in Halali zu sein. Wir finden sogar unser Löwenmännchen wieder, das tief im Gras geduckt auf eine heranziehende Gnuherde wartet. Wir merken, dass sich eine Jagd anbahnt und reizen die letzten Minuten aus, die wir noch haben. Aber die Gnus ziehen zu langsam. Wir müssen los, um nicht vor verschlossenen Toren zu stehen. Auf die Minute genau passieren wir das Gate…

Als wir beim Abendessen im Camp zusammensitzen, lassen wir den Tag nochmal an uns vorbeiziehen und können immer noch nicht richtig glauben, dass so ein Tag überhaupt möglich ist.

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