Winterphotographie in Nationalpark Bayerischer Wald

Der Nationalpark Bayerischer Wald mit seinem unvergleichlichen Landschaftsbild, den verschlungenen Bächen und den bizarren Totholzwäldern übt auf mich als Photograph immer wieder eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus. Die außerordentlichen Möglichkeiten, im Tiergehege des Nationalparks die vielfältige Tierwelt in weitgehend natürlicher Umgebung abzulichten, sind ein weiterer wichtiger Punkt für mich, hierher zu kommen. Die geographische Nähe der Hotspots erlaubt es, sich eine Hälfte des Tages mit der Tierphotographie zu beschäftigen und je nach Wetter oder Laune des Photographen die zweite Tageshälfte in der Landschaftsphotographie zu schwelgen. Gerade die Kombinationsmöglichkeiten und die Flexibilität, je nach Wetterlage zu agieren und sich das Passende herauszusuchen, machen diesen Ort für viele Photographen so attraktiv.


Der Nationalpark ist aber nicht nur im Sommer ein lohnendes Ziel. Gerade im Winter hier zu photographieren, bietet eine interessante Möglichkeit, besondere Motive etwas abseits des Mainstreams zu finden. Auch wenn im Winter die Bedingungen für Mensch und Material ungleich härter sind, ergeben sich so Gelegenheiten für ausgefallene Photos. Der Gipfelbereich des Lusen ist Wind und Wetter besonders ausgesetzt, so dass im Winter die Bäume mit bizarren Schneekrusten überzogen sind. Diese z.T. fast unwirklich anmutenden Schneegebilde in Szene zu setzen, ist eine Herausforderung, für die man auch gerüstet sein sollte. Keinesfalls darf man die klimatischen Bedingungen hier unterschätzen. Selbst wenn man den Aufstieg vom Parkplatz zum Gipfel in gut einer Stunde geschafft hat und die maximale Höhe „nur“ bei 1373 m liegt, extremen Wind und Eiseskälte bekommt man hier oben recht häufig zu spüren. Wenn man photographisch länger tätig sein möchte, ist entsprechend warme Winterbekleidung unabdingbar. Warme, winddichte Handschuhe sind besonders wichtig, auch Gamaschen leisten gute Dienste im tiefen Schnee, wenn man auf Motivsuche unterwegs ist. Und falls die Hände mal gar nicht mehr auftauen wollen, sind Wärmepads oder kleine Taschenöfchen die kleinen Helfer, die einem unbemerkt ein dankbares Lächeln ins Gesicht zaubern… und dann den Blick wieder völlig gebannt in dieser herrlichen Landschaft verweilen lassen. Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang bieten manchmal faszinierende Lichtstimmungen, aber auch tagsüber sind Photos mit besonderem Winterflair möglich. Der Wettergott meinte es diesmal sogar wirklich gut mit uns Photographen. Auch wenn die Temperaturen am Morgen bei – 14 °C lagen, lässt es sich am späten Nachmittag hier oben relativ gut aushalten. Fast (untypische) völlige Windstille und ein paar warme Sonnenstrahlen erleichtern die Photoarbeit und lassen die Landschaft zum Sonnenuntergang in herrlichem Licht erstrahlen. Lange Schatten lassen die Schneelandschaft besonders plastisch hervortreten. Man muss sich entscheiden, ob man photographieren will oder einfach nur die eindrucksvolle Szenerie auf sich wirken lässt. Weit geht der Blick über die Täler und die Ruhe am Gipfel zu diesem späten Zeitpunkt macht den Moment perfekt. Als Photograph wäre man wohl unzufrieden, nach Hause zu gehen, ohne diesen Augenblick festzuhalten, schließlich halten schöne Photos die Erinnerungen besonders lebendig. Es ist gar nicht so einfach, „sein“ Motiv zu finden, so viele Möglichkeiten gibt es hier. Aber schließlich sind die Bildausschnitte gefunden, die diese besonderen Momente am Lusengipfel widerspiegeln. Als die Sonne hinter dem Horizont verschwunden ist und es dämmrig wird, werden die Belichtungszeiten deutlich länger. Aber Zurückgehen ist noch kein Thema, denn auch jetzt ergeben sich noch interessante Lichtstimmungen.

Die Kamera sieht im Dunkeln Details, die dem menschlichen Auge verborgen sind. Das macht das Photographieren sehr spannend, da das Ergebnis nicht exakt vorhergesagt werden kann. Mit der Belichtungszeit zu spielen, heißt die Stimmung des Photos auf den Punkt zu bringen. Der Spaßfaktor kommt dabei nicht zu kurz und die Zeit vergeht wie im Flug. Erst bei völliger Dunkelheit geht es mit Stirnlampe auf den Rückweg.

 


Für die Kamera ist der Aufenthalt in diesen winterlichen Verhältnissen ebenfalls kein Spaziergang. Bei Minusgraden im zweistelligen Bereich ist die Kapazität des Akkus begrenzt und mindestens einen Reserve-Akku sollte man in der warmen Hosentasche mit sich führen. Für die Landschaftphotographie ist der Einsatz eines stabilen Stativs und eines Kabelauslösers Pflicht, gerade wenn die Belichtungszeiten nach Sonnenuntergang deutlich länger werden. In der Regel verwende ich auch Polfilter und um die Kontraste abzumildern Grauverlaufsfilter unterschiedlicher Stärke. Um beim Orts-/Temperaturwechsel von Draußen nach Drinnen die Bildung von Kondensationsfeuchtigkeit an Kamera und Objektiv zu vermeiden, sollte das Photoequipment in einen Plastikbeutel gepackt werden, bis der Temperaturausgleich erfolgt ist. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die empfindliche Elektronik Schaden nimmt. Auf einen Objektivwechsel sollte ebenfalls bis zur Temperaturangleichung verzichtet werden, damit sich keine Feuchtigkeit in der Kamera bzw. am Sensor niederschlägt.


Im Tiergehege zu photographieren, ist fast so spannend wie auf Pirsch zu gehen. Auch wenn man weiß, in welchen Gehegen bestimmte Tierarten anzutreffen sind, sicher ist es nicht, sie zu Gesicht zu bekommen, gibt es doch noch genügend Freiraum zum Verstecken. Und natürlich muss auch das richtige Licht mitspielen. Besonders gut macht sich leichter Schneefall auf dem Photo, aber auch nach frischem Neuschnee, wenn die Schneedecke noch unberührt ist, ist es besonders reizvoll. Zeigen sich dann Wildkatze, Luchs und Co, schnurren die Kameras los… Selten hat man Gelegenheit, so scheue und heimliche Tierarten wie hier auf den Chip zu bannen. Und als besonderes i-Tüpfelchen sind die Aufnahmesituationen in weitgehend naturnaher Umgebung hervorzuheben. Im Gegensatz zu den meisten Zoos sind hier die Gehege so groß, dass die Tiere reichlich Freiraum in der Natur haben und so schöne Aufnahmen ohne Betonwände etc. möglich sind. Gerade im Winter, wenn der Schnee die Landschaft überdeckt, sind Aufnahmen möglich, ohne dass man sofort den Aufnahmeort erraten kann. Gerade dies wird mir persönlich immer wichtiger, denn damit wird meiner Meinung nach ein Photo schon ein Stück weit entzaubert.

Im Winter auf Phototour zu gehen ist sicher ein kalter, aber dafür umso lohnenderer Weg zu besonderen Photos.


Winterworkshop Bayerischer Wald - Tiere und Landschaften