Die Rohrdommel - Eine bedrohte Tierart

Die Rohrdommel gehört zu den äußerst seltenen Vögeln unserer Gegend. Ihre heimliche Lebensweise führt dazu, dass man sie fast nie zu Gesicht bekommt. Nur einmal konnte ich bei einem sehr frühen Morgenspaziergang eine Rohrdommel für einen kurzen Augenblick im Schilfröhricht beobachten, dann habe ich sie für viele Jahre nicht mehr gesehen. Die Bedingungen haben sich in diesen Jahren eher ungünstig für die Rohrdommel entwickelt. Eine starke Zunahme der Silberreiher- und Kormoranpopulation führte zu starker Nahrungskonkurrenz, so dass ich schon befürchtete, dass die Rohrdommel in unserer Gegend ganz ausgestorben wäre.

Umso überraschter war ich, als ich während des schneereichen Winters 2010 eine unerwartete Begegnung mit einer Rohrdommel hatte, bei der ich ungewollt fast auf Tuchfühlung mit dieser Seltenheit kam.

Aufgrund der extrem hohen Schneedecke konnte ich an diesem Tag mit dem Auto die Nebenstraße zu meinem Photogebiet nicht mehr befahren. Mehrfach bin ich in den Schneemassen stecken geblieben, so dass ich schließlich entnervt aufgab und mich zu Fuß durch fast knietiefen Schnee mit meinem Photogepäck auf den Weg machte. Nach ca. zwei Kilometern kam ich schweißgebadet dort an… Eigentlich wollte ich Eisvögel photographieren, aber dazu sollte es nicht kommen. Nach 1,5 Stunden Ansitz schreitet doch tatsächlich eine Rohrdommel langsam den Wassergraben entlang und kommt direkt auf mich zu. Ich konnte es anfangs gar nicht glauben! Wie oft war ich schon an diesem Platz gewesen ohne auch nur einen Hinweis auf diesen scheuen Reiher entdeckt zu haben. Meine Befürchtung, dass ich ungenügend getarnt wäre, hat sich glücklicherweise nicht bewahrheitet. Langsam und bedächtig kam die Rohrdommel auf mich zu, offensichtlich war sie auf Nahrungssuche. Immer wieder prüfte sie nahe der Wasseroberfläche, ob nicht doch ein Fisch erreichbar ist. Schließlich war sie auf Photodistanz herangekommen und störendes Buschwerk nicht mehr im Weg, so dass ich endlich meine ersten Aufnahmen machen konnte. Äußerst beeindruckend fand ich die langen Krallen, die mich unwillkürlich an scharfe Klingen erinnerten. Und je näher die Rohrdommel auf mich zukam, umso größer und gefährlicher erschienen mir diese Krallen… Schließlich kam sie auf zwei Meter an mich im Wassergraben heran!!! Ich war schwer am Grübeln, ob meine Tarnung entweder absolut perfekt ist oder mich die Rohrdommel einfach nur als Frischfutter betrachtete!?! Was will das Federvieh nur so nah bei mir???

Wäre mein Stativ umgefallen, hätte es die Rohrdommel im Bachbett etwas unterhalb von mir „erschlagen“… Obwohl, irgendwie wirkte der Vogel trotz seiner bedächtigen Art äußerst wehrhaft und der kräftige Schnabel ist so aus der Nähe betrachtet relativ spitz! Aber die Rohrdommel war glücklicherweise nur an Fischen interessiert, ein kleines Rotauge hat sie sogar fangen können. Und gefressen wurde der Fisch mit einem Happs hinter einem Ast verborgen… Spannend wurde es für mich nochmal, als die Dommel den Graben verließ und in unmittelbarer Nähe an mir vorbei ins nahe Schilf entschwand. Diese Krallen, ich kann´s Euch sagen… von den –2°C an diesem Tag habe ich nichts gespürt… ;-)


Information über die Rohrdommel (Botaurus stellaris):

- gehört zu den Reihern; der Bestand gilt als stark bedroht (in Deutschland vom Aussterben bedroht, in Osteuropa noch etwas häufiger)

- Aussehen: ca. 80 cm groß; das Gefieder hat gelbbraune Farbe, oben dunkel längsgestreift; die Männchen sind etwas kontrastreicher gefärbt als die Weibchen; Lebenserwartung über 10 Jahre

- Lebensweise: lebt im wesentlichen in ausgedehnten Schilfgürteln, geht aber zur Nahrungssuche oder im Winter auch in andere Feuchtgebiete; lebt heimlich, meist nur im niedrigen Flug über dem Röhricht zu sehen; typisch für diese Art: Die Pfahlstellung (Tarnstellung) wird bei Störung eingenommen

- Stimme: Balzruf erinnert an ein Nebelhorn, der Flugruf ähnelt dem Fischreiher

- Nahrung: hauptsächlich Fische, Frösche, Lurche, Insekten und andere Wirbellose, auch kleine und junge Vögel und Säugetiere

- Fortpflanzung: Häufig polygam, nistet im Röhricht, 5-6 Eier, die 25-26 Tage nur vom Weibchen bebrütet werden. Die Jungen verlassen das Nest schon mit 15-20 Tagen, werden aber erst 7 Wochen nach dem Schlüpfen flügge

- Feinde: Fuchs, Marderhund, Marder und vor allem der Mensch (durch Biotopzerstörung wie Trockenlegung von Schilfgürteln)